WebCompactium Grundlagen Impfen – Modul 1
Virale und bakterielle Infektionskrankheiten: Grundlagenwissen zu Auslösern, Übertragungswegen und Immunabwehr
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Nach Bearbeitung dieser Schulung …
- kennst du die Unterschiede zwischen Viren und Bakterien und was sie jeweils charakterisiert.
- weißt du, wie sich unterschiedliche Infektionen klassifizieren lassen.
- weißt du, welche Übertragungswege es gibt.
- weißt du, was angeborene und erworbene Immunabwehr sind, wie sie sich unterscheiden und wie sie funktionieren.
- kannst du wichtige epidemiologische Begrifflichkeiten voneinander unterscheiden und kennst deren Bedeutung.
- weißt du, wie man Infektionen wirksam vorbeugen kann und
- kannst dein Wissen sicher in deiner Beratung einsetzen.
Diese Fortbildungsmaßnahme wird gesponsert von der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG. Der BVpta e.V. erhält hierfür einen finanziellen Beitrag. Die Autorin, Maria Pues (Bad Laer), erhält ihr Honorar von der BVpta Bildungsgesellschaft mbH. Interessenkonflikte seitens des BVpta e.V., der BVpta Bildungsgesellschaft mbH und seitens der Autorin bestehen keine.
Im Rahmen der Leitlinien und Akkreditierung der Bundesapothekerkammer versichern des Weiteren der BVpta e.V. und die BVpta Bildungsgesellschaft mbH als Anbieter dieses Lernmoduls sowie die beauftragte Autorin, mit dieser Fortbildungsmaßnahme keine werbenden, kommerziellen und/oder ideologischen Interessen zu verfolgen.
1. Wer infiziert mich?
Welche Charakteristika haben Viren und Bakterien und was unterscheidet sie voneinander?
2. Wo kommen Infektionen her?
Wie lassen sich unterschiedliche Infektionen klassifizieren und welche Übertragungswege gibt es?
3. Was tut mein Körper gegen Infektionen?
Worin unterscheiden sich die angeborene und erworbene Immunabwehr und wie funktionieren sie?
4. Epidemie, Pandemie oder Endemie? Inzidenz oder Prävalenz?
Epidemiologische Grundbegriffe kurz erklärt
5. Wie können wir Infektionen vorbeugen?
Die eigene Immunabwehr stärken und Infektionsketten unterbrechen, um andere zu schützen
1. Wer infiziert mich?
Welche Charakteristika haben Viren und Bakterien und was unterscheidet sie voneinander?
An den übertragbaren Erkrankungen haben virale und bakterielle Infektionen einen großen Anteil. Wichtig für das Verständnis von viralen und bakteriellen Infektionen: Viren und Bakterien unterscheiden sich grundlegend. Das hat auch Auswirkungen auf die Möglichkeiten, sich vor ihnen zu schützen oder Infektionskrankheiten zu behandeln. Besonders wichtig: wie Viren und Bakterien sich vermehren.
Was sind Viren und was charakterisiert sie?
Viren sind biologisch gesehen keine Lebewesen. Trotzdem sind sie häufige Krankheitserreger. Sie sind i. d. R. nur 10 bis 150 nm groß und bestehen im Wesentlichen aus Erbinformationen in einer Proteinhülle (Kapsid). Das genetische Material besteht je nach Virus-Typ entweder aus RNS oder DNS (Ribonukleinsäure und Desoxyribonukleinsäure, oftmals auch RNA/DNA, englisch, für „acid“).
Würde man bis zu 20.000 Viren aneinanderreihen, wäre die Strecke maximal 2 mm lang.
Ihre einfache Struktur bietet nur wenige Ansatzpunkte für eine pharmakologische Bekämpfung. Sie lassen sich auch nicht in herkömmlichen Nährmedien anzüchten, was ihre Analyse häufig erschwert. Antibiotika-Therapien können bei Virusinfektionen naturgemäß nicht greifen. Eine wichtige Strategie zum Schutz vor viralen Erkrankungen stellen daher Impfungen dar.
Man unterscheidet behüllte und unbehüllte Viren. Behüllte Viren besitzen eine äußere Hülle aus Phospholipiden, Cholesterin, Glykoproteinen und Glykolipiden, bei unbehüllten Viren bildet das Kapsid, quasi die „nackte“ Proteinhülle, die äußerste Struktur des Virus.
Behüllte und unbehüllte Viren zeigen außerdem in vielerlei Hinsicht ein unterschiedliches Verhalten. So können unbehüllte Viren eine infizierte Wirtszelle praktisch nur verlassen, indem sie diese zerstören. Diesen Vorgang nennt man Lyse.
Behüllte Viren können hingegen aus der Wirtszelle ausgeschleust werden. Die Wirtszelle bleibt bestehen. Dabei bilden Lipide der ursprünglichen Zellmembran der Wirtszelle zusammen mit Proteinen des Virus die Hülle. Man spricht dann von Knospung. Eine Hüllmembran erlaubt Viren außerdem, die Immunabwehr zu unterlaufen, indem sie ihre äußere Struktur verändern. Behüllte Viren können sich so unter anderem an neue Wirtsorganismen anpassen – eine wichtige Voraussetzung für eine Pandemie.
Behüllte und unbehüllte Viren unterscheiden sich in ihrem Verhalten gegenüber Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen. So wirken manche Desinfektionsmittel nur gegen behüllte Viren, die leichter angreifbar sind. Unbehüllte Viren sind diesbezüglich widerstandsfähiger.
Wichtig: Die Deklaration eines Desinfektionsmittels gibt Auskunft darüber, gegen welche Viren es wirksam ist.
Um sich zu vermehren, benötigen Viren einen Wirtsorganismus. Dies können außer dem Menschen auch Tiere, Pflanzen oder Bakterien sein. Dort dringen die Viren in Zellen ein und verwenden deren Replikationsmechanismen für die eigene Vermehrung.
Wie die Virusreplikation genau abläuft, verdeutlicht dir die nachfolgende Abbildung. Rufe dazu die bei den einzelnen Schritten hinterlegten Erklärungen auf!
Adsorption
Das Virus bindet an einen Rezeptor auf der Oberfläche der Wirtszelle und verschmilzt mit der Zellmembran.
Penetration
Das genetische Material (RNS oder DNS) des Virus und das umgebende Kapsid dringen durch die Zellmembran der Wirtszelle in die Zelle ein.
Uncoating
Das Kapsid löst sich auf und das genetische Material wird freigesetzt.
Synthese
Das genetische Material des Virus übernimmt den Enzymmechanismus der Wirtszelle und programmiert ihn um, sodass die Bestandteile des Virus synthetisiert werden.
Maturation
Die neuen Nukleinsäuren (RNS oder DNS) und Proteinbestandteile des Virus werden zu Viruspartikeln zusammengesetzt.
Freisetzung
Neue Viruspartikel werden aus der Wirtszelle freigesetzt, indem sie die Zellmembran der Wirtszelle durchbrechen. Dieser Vorgang kann zum Tod der Zelle führen. Die neuen Viruspartikel können dann in weitere Wirtszellen eindringen oder in den Intrazellularraum austreten, von wo aus sie die Infektion auf weitere Wirte verbreiten.
Die körpereigene Abwehr und Präventionsmaßnahmen wie Impfungen zielen darauf ab, diese Virusreplikation zu verhindern. Trotz ihres einfachen Aufbaus verfügen manche Virenarten über Mechanismen, diese Schutz- und Abwehrmaßnahmen zu unterlaufen. Dazu gehören sich verändernde antigene Eigenschaften, etwa bei Grippeviren. Um darauf zu reagieren, ist daher eine jährliche Impfung mit einem aktuellen bzw. angepassten Impfstoff erforderlich.
Sind Virenarten jedoch nur auf wenige oder – wie etwa im Fall der Masernviren – auf nur eine einzige Wirtsart, den Menschen, spezialisiert, bietet sich durch die Impfprophylaxe eine wichtige Chance: Bei ausreichender Durchimpfungsrate besteht die Möglichkeit, einen Krankheitserreger vollständig zu eliminieren. Dies ist bei den Pocken bereits gelungen und wird bei den Masern angestrebt.
Was sind Bakterien und was charakterisiert sie?
Bakterien (Prokaryoten) stellen einzellige Kleinstlebewesen mit eigenen Organellen und einem eigenen Stoffwechsel dar. Sie können sich in der Regel außerhalb eines Wirtsorganismus vermehren. Bakterien sind i. d. R. ca. 0,1 bis 700 μm groß. Bestimmte Arten bilden unter anderem die natürliche Haut- und Darmflora des Menschen und dienen damit unserer Gesundheit. Nur ein geringer Anteil verursacht beim Menschen Erkrankungen. Doch Infektionen mit diesen Bakterien können schwere bis lebensgefährliche Erkrankungen auslösen, etwa eine Salmonellose oder eine Lungenentzündung. Einige von ihnen schädigen den Patienten durch krank machende Stoffwechselprodukte (Toxine), zum Beispiel Tetanus-Erreger. Die meisten bakteriellen Infektionskrankheiten können mit Antibiotika behandelt werden. Zum Schutz vor einigen bakteriellen Erkrankungen stehen außerdem auch Impfungen zur Verfügung.
Unabhängig von ihrer Größe und Form haben alle Bakterien bestimmte Merkmale gemeinsam, die wir dir nachfolgend einzeln vorstellen möchten.
Bakterien sind einfache Zellen, die aus einer Anhäufung von Zytoplasma bestehen, das von einer Membran umgeben und von einer festen Zellwand begrenzt ist. Die wichtigste Aufgabe der Zellwand ist es, dem hohen osmotischen Innendruck des Bakteriums standzuhalten und ein Platzen der Zelle zu verhindern.
Einige Bakterienarten besitzen eine Kapsel, eine Hülle aus viskosem Material, das dem Schutz der Bakterienzelle dient. Die Kapsel enthält normalerweise komplexe Zuckerverbindungen (Polysaccharide). Einige Bakterienarten wie Haemophilus influenzae treten in einer Vielzahl von Unterarten auf, die sich allein durch die Zusammensetzung der Kapseln unterscheiden.
Einige Bakterienarten haben auch ein oder mehrere spiralförmige Filamente, die aus der Zelle herausragen. Mit den peitschenden Bewegungen dieser Geißeln bewegen sich die Zellen in flüssigen Medien vorwärts.
Kürzere, feine, haarähnliche Strukturen heißen Fimbrien. Mit ihnen können sich Bakterien an Oberflächen anheften.
Bakterien können unter anderem anhand ihrer Färbeeigenschaften, die von der Zusammensetzung der bakteriellen Zellwand abhängen, klassifiziert und identifiziert werden. Die Unterschiede der Färbeeigenschaften sind ein wichtiger Faktor bei der Identifizierung und bei der Entscheidung, welche Medikamente für die Behandlung einer bakteriellen Infektion geeignet sind.
Grampositive Bakterien (z. B. Streptococcus, Enterococcus, Staphylococcus, Listeria) haben eine Zellwand mit hohem Peptidoglykangehalt. Die Peptidolglykane halten Kristallviolett zurück. Wenn mit Ethanol ausgewaschen wird, behalten grampositive Bakterien eine blau-violette Färbung (hier im Bild: Staphylococcus aureus).
Bei gramnegative Bakterien (z. B. Salmonella, Pseudomonas, Meningococcus) weist die Zellwand einen geringen Peptidoglykangehalt auf. Die blaue Färbung (Kristallviolett) wird durch Ethanol ausgewaschen – durch die Gegenfärbung erscheinen gramnegative Bakterien dann rot-pink (hier im Bild: Escherichia coli).
Aber: Nicht alle Bakterienarten können auf diese Weise klassifiziert werden, da es auch gramvariable und gramunbestimmte Arten gibt.
© Bild: Y tambe | Wikimedia Commons | https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gram_stain_01.jpg
Schauen wir nun auf den inneren Aufbau von Bakterien:
Im Zytoplasma jedes Bakteriums schwimmt eine kontinuierlich doppelsträngige DNS. Dieses genetische Material, ist ein Chromosom, das alle Informationen enthält, die die Zelle für das Wachstum und die Vermehrung benötigt. Es wird auch als Nukleotid bezeichnet.
Daneben können sich im Zytoplasma sogenannte Plasmide befinden. Das ist weitere DNS in Form von kleineren, ebenfalls strangförmigen, in sich geschlossenen Molekülen. Sie wird unabhängig vom Bakterienchromosom vervielfältigt und kann bei der Fortpflanzung weitergegeben oder von einem Bakterium auf das andere übertragen werden.
Die Zelle enthält außerdem als Ribosomen bezeichnete Strukturen. Diese enthalten RNS und sind an der Herstellung von Proteinen beteiligt
Vermehrung von Bakterien
Bakterien vermehren sich durch Zellteilung. Dabei entstehen aus einer Ursprungszelle zwei Tochterzellen mit jeweils identischen Kopien des Genoms (von zufälligen Mutationen abgesehen). Unter idealen Bedingungen können Bakterienzellen alle 15 bis 20 Minuten heranreifen und sich teilen.
Eine Rekombination des Erbmaterials findet dabei nicht statt. Es kann jedoch zu einem horizontalen Gentransfer kommen, einem Austausch von Informationen zwischen zwei Individuen einer Generation (Parasexualität). So können Bakterien sowohl DNS in die Zelle aufnehmen (Transformation) als auch über Konjugationsbrücken Plasmide untereinander austauschen. Dieser Informationsaustausch kann zu Antibiotika-Resistenzen führen.
Da sich Bakterien – anders als Viren – ohne einen Wirtsorganismus vermehren können, lassen sie sich auf geeigneten Nährmedien meist gut anzüchten. Die Verwendung unterschiedlicher Medien und Anzuchtbedingungen dient auch dazu, verschiedene Bakterienarten zu isolieren. In Bakterienkulturen lassen sich durch Zugabe unterschiedlicher Antibiotika außerdem deren Resistenz testen.
Bakterienvermehrung ohne Wirtsorganismus:
Diese Eigenschaft ist auch im Alltag wichtig, denn Bakterien können sich überall vermehren, wo sie günstige Bedingungen vorfinden: beispielsweise Salmonellen in kalten oder nur unzureichend erhitzten Speisen oder bei mangelnder Küchenhygiene auf Schneidebrettern, Messern oder Spültüchern.
Sporenbildung von Bakterien
Einige Bakterienarten haben die Fähigkeit entwickelt, über lange Zeiträume selbst unter ungünstigen Umweltbedingungen zu überleben. Dazu bilden sie Sporen aus. Dabei handelt es sich um Strukturen, die durch eine dicke Außenhülle gegen extreme Temperaturen, Austrocknung und Desinfektionsmittel äußerst widerstandsfähig sind. Unter günstigen Bedingungen keimen die Sporen wieder zu einem Bakterium aus. Clostridium tetani, das Tetanus (Wundstarrkrampf) verursacht, und Bacillus anthracis, der Verursacher des Milzbrandes, sind Beispiele für sporenbildende Bakterien.
Die Bildung von Sporen und das Keimen stellen keine Vermehrungsmethode dar – die Zelle vervielfältigt sich dabei nicht.
Pathogenität von Bakterien
Die Fähigkeit eines Bakterienstammes, Krankheiten zu erzeugen, bezeichnet man als Pathogenität. Für eine weitergehende Klassifizierung verwendet man den Begriff der Virulenz. Je höher die Virulenz, desto weniger Bakterien sind erforderlich, um eine Krankheit auszulösen.
Verschiedene Faktoren können die Pathogenität eines Krankheitserregers erhöhen:
- die Fähigkeit, eine starke Immunreaktion des Körpers zu erzeugen (hohes Fieber, eine starke Entzündungsreaktion etc.).
- die Fähigkeit, Toxine auszuscheiden (Exotoxine): Exotoxine sind Proteine, die bestimmte Bakterienarten während des Wachstums ausscheiden. Vor allem die grampositiven Bakterien, die Diphtherie und Tetanus verursachen oder die Erreger von Keuchhusten und Cholera bilden Exotoxine. Exotoxine wirken oft sehr spezifisch und können schwerwiegende Erkrankungen mit manchmal tödlichem Ausgang bedingen. Sie gehören zu den stärksten bekannten Giftstoffen; 1 mg Tetanustoxin reicht aus, um 10 Millionen Mäuse zu töten.
- die Fähigkeit, Toxine zu bilden, die beim Absterben gramnegativer Bakterien freigesetzt werden (Endotoxine): zum Beispiel bei den Erregern von Typhus und Salmonellosen. Endotoxine sind Lipopolysaccharide aus der Bakterienzellwand. Alle Endotoxine haben ähnliche Wirkungen – Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen und Schwäche.
- Invasivität: Sie bezeichnet die Fähigkeit eines Bakteriums, in den Organismus einzudringen, sich zu vermehren und auszubreiten; bei hoch invasiven Bakterien ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie schwere Infektionen verursachen.
Du kennst nun die Unterschiede zwischen Viren und Bakterien, wie sie aufgebaut sind und sich vermehren können. Damit sind dir die Grundlagen für die nächsten Kapitel bekannt, in welchen wir dir Übertragungswege von Infektionen vorstellen und die Abwehrmöglichkeiten unseres Körpers gegen Viren und Bakterien erklären. Anschließend nennen wir Möglichkeiten zur Prävention von Infektionen.
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2. Wo kommen Infektionen her?
Wie lassen sich unterschiedliche Infektionen klassifizieren und welche Übertragungswege gibt es?
Die Übertragungswege von Infektionen zu kennen, eröffnet die Möglichkeit, gezielt Schutzmaßnahmen zu ergreifen: von geeigneten (!) Atemschutzmasken bei Tröpfcheninfektionen, verstärkten Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen bei Schmierinfektionen oder dem Durchgaren und Abkochen bei durch Lebensmittel und/oder Wasser übertragenen Krankheitserregern.
Es gibt zwei grundsätzliche Quellen für Mikroorganismen, die Infektionen verursachen und zu Erkrankungen führen:
- endogene Quellen: Endogene Infektionen gehen auf Quellen innerhalb des Körpers oder auf den Körper selbst zurück.
- exogene Quellen: Exogene Infektionen haben ihren Ursprung außerhalb des Körpers.
Was genau sind endogene Infektionen und welche Beispiele gibt es?
Endogene Infektionen entstehen durch Mikroorganismen, die normalerweise in oder auf dem gesunden Körper leben. Sie werden als Mikrobiom bezeichnet. Diese sogenannte normale Flora ist in der Regel harmlos und oft sogar nützlich, weil sie gefährlichere Krankheitserreger fernhält. Die normale Flora kann aber auch Krankheiten verursachen, zum Beispiel
- wenn sie Zugang zu Körperbereichen erhält, in denen sie normalerweise nicht vorkommt,
- wenn die natürlichen Abwehrmechanismen des Körpers geschwächt sind.
Nachfolgend stellen wir dir einige Beispiele für endogene Infektionen vor:
Bakterien, die auf der Hautoberfläche harmlos sind, können tiefer liegendes Gewebe schädigen, wenn sie über eine Hautverletzung eindringen.
Die Erreger bei einem Harnwegsinfekt (häufig Escherichia coli) entstammen oftmals der eigenen gastrointestinalen Flora. Sie gelangen zunächst in den Bereich der Harnröhren-Öffnung und steigen dann über die Harnröhre in die Harnblase auf.
Lungenentzündungen kennt man vor allem als exogene Infektion, etwa in Folge einer Infektion mit dem Grippevirus oder dem Bakterium Streptococcus pneumoniae. Sie können aber auch die Folge der Vermehrung und Ausbreitung von Bakterien sein, die natürlicherweise in den Atemwegen von gesunden Patienten zu finden sind. Bei verminderter Widerstandskraft können sie in die tieferen Atemwege gelangen und sich dort vermehren.
Welche unterschiedlichen Quellen für exogene Infektionen gibt es?
Exogene Infektionen können aus einer Reihe von Quellen stammen:
Menschen, die an einer Infektionskrankheit leiden, können die Infektion auf andere übertragen.
Auch Tiere können ein Reservoir für Krankheitserreger darstellen. Zu diesen gehören etwa Säugetiere wie Hunde, Füchse oder Katzen, die an Tollwut erkranken und als Überträger dienen können. Reptilien wie Schildkröten oder Echsen, die gerne als Haustiere gehalten werden, können unter anderem Salmonellen übertragen.
Insekten wie Stechmücken oder Zecken, die zu den Spinnentieren zählen, können als sogenannte Vektoren fungieren und beim Stechen Erreger übertragen. Übrigens können nur weibliche Mücken stechen. Sie tun dies während der Brutzeit, um mit der Blutmahlzeit den Proteinbedarf des Nachwuchses zu decken. In der übrigen Zeit ernähren sie sich vom Nektar der Blüten.
Das Beispiel Zecken zeigt, dass Überträger nicht auf einen Krankheitserreger begrenzt sein müssen. So können Zecken sowohl ein Virus, nämlich den Erreger der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), als auch das Bakterium Borrelia burgdorferii und dessen Verwandte übertragen, die eine Lyme-Borreliose (kurz: Borreliose) auslösen können. Während es gegen FSME eine wirksame Impfung gibt, steht gegen Borreliose bislang keine Impfung zur Verfügung.
Durch den Klimawandel verbreiten sich Zecken in immer mehr Gebiete in Deutschland und sind aufgrund der steigenden Temperaturen früher sowie länger aktiv.
Erde enthält gewaltige Mengen an Mikroorganismen. Die meisten davon sind harmlos, einige können jedoch tödlich wirken. Erde, die mit tierischem Kot verunreinigt ist, kann beispielsweise Sporen von Clostridium tetani enthalten, dem Bakterium, das Tetanus (Wundstarrkrampf) verursacht. Auch in der Luft bzw. in Staub können pathogene Erreger enthalten sein.
Nahrungsmittel und Wasser können leicht mit Infektionserregern kontaminiert werden, wenn eine infizierte Person damit umgeht. Sauberes Wasser hingegen hilft, um Nahrungsmittel von Infektionserregern zu reinigen.
Auf Gegenständen wie Handtüchern, Nagelscheren, Haarscheren, Rasierern und Rasiermessern sowie Kanülen, die mit einer infizierten Person in Kontakt gekommen sind, können Krankheitserreger – zum Beispiel Hepatitis-B-Viren – mitunter länger überdauern, als mancher annimmt und so zu einer Infektionsquelle werden.
Übertragung von Erregern: Über welche unterschiedlichen Wege verbreiten sich Infektionen?
Infektionen können auf verschiedenen Wegen übertragen werden. Das Wissen hierüber bildet einen wichtigen Ansatzpunkt für den Schutz vor Infektionen. Die sechs häufigsten sind im Folgenden erläutert.
- Tröpfcheninfektion: Von einer Tröpfcheninfektion spricht man, wenn Krankheitserreger beim Husten, Niesen oder sogar Sprechen zusammen mit kleinen Sekrettröpfchen (Speichel, Schleim) in die Raumluft gelangen und so von empfänglichen Personen eingeatmet werden können. Zu den Erkrankungen, die auf diesem Wege übertragen werden, gehören z. B. COVID-19 und Pertussis.
- Fäkal-orale Infektion: Gelangen (pathogene) Darmbakterien in die Mundhöhle, spricht man von einer fäkal-oralen Infektion. Dies kann über Hände und Gegenstände, aber auch über Lebensmittel und Wasser geschehen. Allgemeine Hygienemaßnahmen, eine sorgfältige Hände-Hygiene und Desinfektion spielen daher in der Prophylaxe eine wichtige Rolle. Hepatitis-A- und Rotavirus-Infektionen sind wichtige Beispiele für fäkal-orale Infektionen.
- Kontaktinfektion/Schmierinfektion: Unter Kontaktinfektionen versteht man die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch, etwa beim Hände schütteln oder bei anderweitigem Hautkontakt. Zu den Kontaktinfektionen gehören auch die Schmierinfektionen. Sie bezeichnet Infektionen, bei denen die Übertragung indirekt über Gegenstände erfolgt, die beispielsweise mit erregerhaltigen Fäzes, Eiter oder Blut kontaminiert sind.
- Übertragung durch Geschlechtsverkehr: Infektionskrankheiten, die auch oder vorwiegend beim Geschlechtsverkehr weitergegeben werden, nennt man sexuell übertragbare Krankheiten bzw. Infektionen (STI = sexual transmitted infections). Wichtige Beispiele sind HIV/AIDS, Herpes genitalis und Hepatitis B. Geschlechtskrankheiten im engeren Sinne werden ausschließlich beim Sex übertragen. Zu diesen gehören beispielsweise Gonorrhoe und Syphilis.
In Deutschland beobachten Experten insbesondere bei Syphilis eine deutliche Zunahme der Fallzahlen, die 2022 einen neuen Höchststand mit über 8.300 gemeldeten Fällen erreicht haben.[2]
[1] https://www.pharmazeutische-zeitung.de/sti-nehmen-in-europa-zu-146030/, abgerufen am 21.03.2024
[2] https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/07_24.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 21.03.2024
- Unter Umgehung des Magen-Darm-Trakts/durch die Haut/durch die Schleimhaut: Krankheitserreger können über Hautverletzungen oder die Schleimhäute in den Körper eindringen. Chirurgische Eingriffe sind ebenso wie eine Reihe anderer invasiver Verfahren wie Infusionen, Katheterisierung, Bluttransfusionen, Tätowierungen, Skarifizierungen (das Einbringen von Ziernarben), Beschneidungen und Piercings mögliche Ursachen für Infektionen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass jährlich über eine Million frühzeitiger Todesfälle auf Injektionen zurückzuführen sind, die nicht mit angemessener Vorsicht durchgeführt wurden.
- Vor, während oder nach der Geburt: Infektionen können auch von der werdenden Mutter auf das Ungeborene übertragen werden. Dieser Übertragungsweg wird als vertikale Übertragung bezeichnet (z. B. Röteln, Hepatitis B, Varizellen). Man unterscheidet dabei Übertragungen vor der Geburt (pränatale Übertragung) von solchen während der Geburt (perinatale Infektionen) und unmittelbar nach der Geburt (postnatale Infektionen).
Wer in der Apotheke mit Patientenblut in Kontakt kommen könnte, zum Beispiel bei der Blutzucker-Bestimmung, benötigt einen Impfschutz gegen Hepatitis B.
Was versteht man unter der Inkubationszeit und wie lange dauert sie?
Nach einem Kontakt mit Krankheitserregern erkrankt der Betroffene nicht unmittelbar. Die Zeit, die zwischen der Infektion und dem Auftreten von Symptomen vergeht, bezeichnet man als Inkubationszeit. Während dieser Zeit kommt es einerseits zu einer – teils massiven – Vermehrung der Erreger. Dies kann erklären, warum bereits jetzt ein hohes Risiko besteht, andere zu infizieren. Zum anderen beginnen unspezifische und spezifische Abwehr mit der Bekämpfung der Krankheitserreger. Dies bedingt auch einen Teil der Beschwerden, die dann auftreten.
Die Inkubationszeit nimmt je nach Art der Infektion unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. Sie reicht von wenigen Stunden wie bei Cholera über wenige Tage wie bei Rotavirus-Infektionen bis hin zu Wochen wie bei Hepatitis A.
Nicht nur die Inkubationszeiten unterscheiden sich je nach Infektionskrankheit, auch bei ihren Symptomen kann es charakteristische Unterschiede geben. Daraus lassen sich zwei große Gruppen ableiten: spezifische und unspezifische Infektionen.
Welcher Unterschied besteht zwischen spezifischen und nicht spezifischen Infektionen?
Infektionen können auch danach unterschieden werden, welche Erkrankungen bzw. Symptome im Körper ausgelöst werden.
Spezifische Infektionen
Bestimmte Infektionskrankheiten zeigen stets die gleichen charakteristischen klinischen Merkmale. Sie sind als spezifische Infektionen bekannt. So wird Tetanus durch Clostridium tetani verursacht. Die Bakterien scheiden ein Toxin aus, das die Nerven angreift, die die Skelettmuskulatur steuern. Tetanus ist praktisch immer durch schwere Muskelkrämpfe gekennzeichnet.
Nicht spezifische Infektionen
Andere Infektionskrankheiten weisen Zeichen und Symptome auf, die vom Infektionsort abhängen und nicht vom Erreger, der die Infektion verursacht. Sie sind als nicht spezifische Infektionen bekannt. So kann Haemophilus influenzae Typ b eine Epiglottitis, Bronchitis und Lungenentzündung verursachen, wenn es in die oberen Atemwege eindringt. Es kann aber auch eine Meningitis verursachen, wenn es in das zentrale Nervensystem eindringt. Oder es kann eine Osteomyelitis verursachen, wenn es die Knochen erreicht. Wenn es sich im Blutkreislauf vermehrt, kann es darüber hinaus auch eine Septikämie auslösen.
Du hast gelernt, dass sich Infektionen nach der Herkunft der Erreger unterscheiden lassen. Außerdem kennst du nun die verschiedenen Übertragungswege, über die Viren und Bakterien von einer infizierten Person zur nächsten gelangen.
Im folgenden Kapitel erfährst du, was nach der Übertragung passiert und mit welchen Mechanismen der Körper versucht, gegen die Eindringlinge anzukämpfen.
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3. Was tut mein Körper gegen Infektionen?
Worin unterscheiden sich die angeborene und erworbene Immunabwehr und wie funktionieren sie?
Die Mechanismen, die uns vor Krankheitserregern schützen, nennt man Immunität. Sie umfasst zwei ineinandergreifende Elemente: die angeborene und die erworbene (adaptive) Immunabwehr. In beiden Bereichen unterscheidet man zelluläre und humorale Anteile. Dabei sind zelluläre Bestandteile unter anderem in der Lage, in bestimmte Gewebe einzuwandern, während humorale Bestandteile sich mit dem Blutstrom bewegen.
Jede Substanz, die als ‚körperfremd‘ erkannt wird und eine Immunantwort auslösen kann, wird als Antigen bezeichnet.
Was ist die angeborene bzw. unspezifische Immunabwehr und wodurch zeichnet sie sich aus?
Die angeborene bzw. unspezifische Immunabwehr …
- ist der erste Schutzwall gegen Krankheitserreger.
- wirkt von Geburt an.
- wirkt schnell, aber unspezifisch: Sie wirkt gegen eine große Bandbreite von Erregern.
- bildet mit Hilfe von Haut- und Schleimhautbarrieren die erste Abwehrreihe.
Eine Reihe von physikalischen, chemischen und biologischen Sperren an der Körperoberfläche begrenzt das Eindringen von Krankheitserregern:
- Haut: Sie ist eine physikalische Sperre, die für die meisten Viren und Bakterien undurchdringlich ist. Sie stellt auch eine chemische Sperre dar, denn die Sekrete der Schweiß- und Talgdrüsen sind säurehaltig und enthalten Enzyme, die viele Krankheitserreger abtöten können.
- Schleimhäute: Im Körperinneren – in den Atemwegen, dem Magen-Darm-Trakt und dem Urogenitaltrakt – sind die Oberflächen durch sie geschützt. Fremdkörper haften an den feuchten Oberflächen, wo sie durch chemische Substanzen im Schleim unschädlich gemacht werden können.
- Atemwege: Auf ihren Schleimhäuten befinden sich Zilien, kleine Härchen, die den Schleim und darin festgehaltene Partikel zum Rachen schieben, wo sie geschluckt oder ausgehustet werden.
- Magen-Darm-Trakt: Die meisten Krankheitserreger, die durch Schlucken in den Magen-Darm-Trakt gelangen, werden durch den sauren pH-Wert im Magen abgetötet. Die meisten dann noch lebenden Erreger werden durch das basische Medium und die Enzyme im Dünndarm abgetötet.
- Normalflora: Trotz der Wirksamkeit der physikalischen und chemischen Sperren des Körpers ist es vielen Mikroorganismen gelungen, sich anzupassen und sich in sowie auf dem Körper, vor allem auf der Haut und im Dickdarm, auszubreiten. Diese Mikroorganismen bilden die sogenannte Normalflora. Sie trägt zur unspezifischen Abwehr bei, indem sie möglichen Eindringlingen Nährstoffe und Platz streitig macht und so deren Wachstum begrenzt.
Zelluläre Bestandteile der unspezifischen Abwehr
Zu den zellulären Bestandteilen der unspezifischen Abwehr gehören Granulozyten, Makrophagen sowie Natürliche Killerzellen und dendritische Zellen. Sie zirkulieren im Blutgefäßsystem des Körpers und werden aktiv, sobald sie auf einen Fremdstoff treffen. Auch in manchen Geweben sind sie anzutreffen.
Man unterscheidet basophile, neutrophile und eosinophile Granulozyten, je nach Verhalten in der Anfärbung. Darüber hinaus unterscheiden sich die Untergruppen in ihren Eigenschaften. So können einige Granulozyten-Arten Fremdstoffe in sich aufnehmen und zerstören. Daher zählt man sie auch zu den sogenannten Fresszellen. Ihre Lebensdauer beträgt zwischen ein und sieben Tagen.
Makrophagen gehören ebenfalls zu den Leukozyten. Sie halten sich vorwiegend in Geweben auf und werden auch als Riesenfresszellen bezeichnet. Makrophagen umfließen eindringende Krankheitserreger und lösen sie auf. Sie stehen an der Spitze der körpereigenen Abwehr gegen Infektionen – der angeborenen Immunabwehr – und bilden auch ein entscheidendes Bindeglied zur zweiten „Verteidigungslinie“ – der erworbenen Immunabwehr.
Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) spielen in der unspezifischen Abwehr eine besondere Rolle, denn sie sind in der Lage, gesunde Körperzellen von Tumorzellen oder virusinfizierten Zellen zu unterscheiden und abzutöten. Sie werden aktiv, wenn auf erkrankten Zellen zu wenig Erkennungsmerkmale gebildet werden, die diese Zellen als körpereigen ausweisen würden – also nicht, wie bei anderen Abwehrzellen durch Antigen-Kontakt.
Dendritische Zellen gibt es in praktisch allen peripheren Geweben, also solchen, die „Außengrenzen“ darstellen. Dazu gehören beispielsweise die Schleimhäute der Atemwege und Harnwege. Bei Kontakt mit einem Fremdkörper nehmen sie diesen durch Phagozytose oder Endozytose in ihr Inneres auf. Dort zerlegen sie ihn und präsentieren die entstandenen Peptide auf ihrer Zelloberfläche im MHC-Kontext.
Außerdem verlassen sie das Gewebe, das sie überwachen, und wandern in den nächstgelegenen Lymphknoten ein. Dort präsentieren sie T-Zellen die von ihnen produzierten antigenen Strukturen und setzen so eine spezifische Immunabwehr in Gang. Dendritische Zellen bilden auf diese Weise eine Brücke zwischen der unspezifischen und der spezifischen Immunabwehr.
Ihren Namen haben die dendritischen Zellen übrigens durch ihre bäumchenartig aussehenden Zellfortsätze. Mit den Dendriten im Nervensystem haben sie nichts zu tun.
Dendritische Zellen spielen nicht nur bei der Abwehr von Krankheitserregern eine wichtige Rolle, sondern auch bei der Bekämpfung von Krebszellen. Daher werden sie auch zum Einsatzgebiet „Impfungen gegen Krebs“ intensiv beforscht.
Humorale Bestandteile der unspezifischen Abwehr
Zu den humoralen Anteilen der unspezifischen Abwehr gehören das Komplementsystem und Zytokine.
Das Komplementsystem besteht aus einer Gruppe von über 30 Plasmaeiweißen. Sie besitzen unterschiedliche Eigenschaften und übernehmen verschiedene Funktionen in der unspezifischen Abwehr. Einige der Eiweiße stellen Proteasen dar. Diese Enzyme können sich an Mikroorganismen binden und dessen äußere Oberfläche schädigen. Auf diese Weise können sie Mikroorganismen zerstören.
Zu den Zykotinen gehören z. B. Interleukine. Darunter versteht man körpereigene Botenstoffe, die von den Zellen des Immunsystems gebildet werden. Die verschiedenen Interleukine wirken jeweils auf unterschiedliche Abwehrzellen.
Was ist die adaptive oder spezifische Immunabwehr und wodurch zeichnet sie sich aus?
Die adaptive oder spezifische Abwehr bildet den zweiten Schutzwall des Körpers, die sog. erworbene Immunabwehr. Sie entwickelt sich bei einem Erstkontakt – etwa bei einem Infekt oder durch eine Impfung – mit einem Krankheitserreger, indem der Körper speziell an das Antigen angepasste (B- und T-) Zellen entwickelt, die sich in so genannte langlebige Gedächtniszellen entwickeln können. Bei einem erneuten Kontakt kann auf diese Zellen zurückgegriffen werden, was eine wesentliche Beschleunigung der Immunabwehr und eine rasche Bildung spezifischer Antikörper ermöglicht.
Je weniger ein Krankheitserreger sein Aussehen, das heißt seine antigenen Oberflächenstrukturen verändert, umso leichter fällt unserem Immunsystem die Wiedererkennung und die Produktion spezifischer Antikörper. Das ist etwa bei Masernviren der Fall. Gegenbeispiele sind Grippeviren oder auch SARS-CoV-2. Sie sind deutlich variabler. Daher ist hier eine jährliche Impfung mit den in der jeweiligen Saison vorrangig kursierenden Varianten erforderlich.
Die adaptive bzw. spezifische Immunabwehr hat drei Hauptkennzeichen:
- Spezifität: Die nach der Infektion durch einen Mikroorganismus erworbene Immunität schützt normalerweise nicht gegen eine Erkrankung, die durch andere Mikroorganismen verursacht wird.
- Gedächtnis: Nach einer durchgemachten Infektion oder auch nach einer Impfung bilden sich langlebige Zellen, die bei einem erneuten Kontakt mit dem gleichen Erreger oder Antigen schnell reaktiviert werden können und die spezifische Abwehr beschleunigen.
- Diversität: Immunität kann gegen zahlreiche verschiedene Erkrankungen erworben werden.
Lymphozyten stellen einen wichtigen Teil der spezifischen Abwehr dar. Sie werden im Knochenmark aus Stammzellen gebildet. Nach der Bildung wandern einige Lymphozyten in den Thymus, wo sie heranreifen, bevor sie in den Blutkreislauf freigesetzt werden. Sie heißen T-Lymphozyten oder einfach T-Zellen. Andere Lymphozyten reifen im Knochenmark, von wo aus sie in den Blutkreislauf freigesetzt werden. Sie heißen B-Lymphozyten oder B-Zellen.
Humorale Anteile der spezifischen Abwehr
Sie stellen den wichtigsten Abwehrmechanismus gegen Krankheitserreger im Blutkreislauf und in den Körperflüssigkeiten dar.
Die humorale Immunantwort …
- entsteht, wenn ein B-Lymphozyt durch ein Antigen stimuliert wurde.
- bekämpft viele bakterielle und virale Infektionen, indem sie die Ausbreitung der Krankheitserreger im Körper begrenzt und die Anzahl der an der Infektion beteiligten Zellen und Gewebe einschränkt.
- bekämpft nur extrazelluläre Krankheitserreger und ist daher unwirksam gegen:
- Viren, sobald sie in die Wirtszelle eingedrungen sind
- intrazelluläre bakterielle Infektionen
Was passiert, wenn ein B-Lymphozyt durch ein Antigen stimuliert wurde, erfährst du, wenn du die nachfolgende Abbildung erkundest.
Bei Kontakt einer B-Zelle mit einer infizierten Zelle bindet der B-Zell-Rezeptor an das erkannte Antigen.
Die B-Zelle wird nun aktiviert – hierbei laufen verschiedene komplexe Prozesse ab, teilweise unter Beteiligung von T-Helferzellen.
Die vollständig aktivierte B-Zelle teilt und differenziert sich zu B-Gedächtniszellen und zu Plasmazellen.
Die Plasmazellen schütten Antikörper aus, welche die Krankheitserreger neutralisieren.
Gelangt ein Antigen in den Körper, der bereits bei einem vorangegangenen Kontakt durch den beschriebenen Prozess Plasmazellen und somit Antikörper gegen dieses Antigen gebildet hatte, kommt es nun zur Bildung eines Antigen-Antikörper-Komplexes: Die Antikörper neutralisieren die Antigene und schalten sie aus – ein Abwehrmechanismus, um exogene und endogene Antigene rasch zu eliminieren.
Was man über Antikörper wissen muss:
Antikörper werden häufig als Immunglobuline, kurz Ig, bezeichnet. Ihre Grundstruktur ist Ypsilon-förmig; sie besteht aus zwei langen und zwei kurzen Ketten. Die (Protein-)Ketten sind durch kovalente Disulfidbrücken zu einer Ypsilon-förmigen Struktur miteinander verbunden. Die oberen Spitzen der Ypsilon-förmigen Antikörper stellen zwei Bindungsstellen für Antigene dar. Der untere Teil trägt die Effektorfunktionsstelle, an der die Phagozyten den Antigen-Antikörper-Komplex angreifen, das Komplementsystem aktiviert wird und an die die zytotoxischen Zellen binden.
Es gibt fünf Klassen von Antikörpern (Immunglobulinen). Jede Antikörperklasse hat eindeutige strukturelle und funktionale Eigenschaften:
IgM
- werden bei der primären Immunantwort als erste Antikörperklasse
- haben fünf Y-förmige Einheiten.
- die ersten IgM-Antikörper werden etwa 5 Tage nach der Antigenstimulierung beobachtet und erreichen nach 7-10 Tagen ihr Maximum.
- bestehen nicht lange als Indikator für eine frische Infektion.
- bilden die größte Immunglobulinklasse im normalen Plasma des Menschen.
- treten (nach IgM) als zweite Antikörperklasse auf, die bei der primären Immunantwort beobachtet werden.
- werden bei einer sekundären Immunantwort rasch und in großen Mengen gebildet.
- werden, anders als die IgM-Antikörper, über die Plazentaschranke transportiert.
- stellen einzelne, Y-förmige Einheiten dar.
- Durch sie haben Säuglinge in den ersten Lebensmonaten eine spezifische (aber passive) Immunität, den sogenannten Nestschutz.
IgA
- Ihre Hauptfunktion ist der Schutz der Schleimhäute an den Eintrittsstellen möglicher Krankheitserreger sowie die Neutralisierung dieser Krankheitserreger, bevor sie in das Körperinnere vordringen können.
- sind einzelne, Y-förmige Einheiten im Plasma,
- Zwei Einheiten, die durch das sekretorische Element verbunden sind, finden sich auf Schleimhäuten des Körpers wie in den Atemwegen und im Magen-Darm-Trakt. Das zusätzliche sekretorische Element schützt die Antikörper davor, im Sekret der Bronchien und des Darms abgebaut zu werden.
- sind einzelne, Y-förmige Einheiten, von denen sich nur geringe Mengen im Blut finden.
- Über die Funktion von IgD ist nicht viel bekannt.
- IgE ist häufig an Überempfindlichkeitsreaktionen wie Allergien beteiligt.
- IgE ist möglicherweise für den Schutz des Körpers gegen bestimmte Parasiten von Bedeutung.
Zelluläre Anteile der spezifischen Abwehr
Sie bilden den wichtigsten Abwehrmechanismus gegen Krankheitserreger, die in Zellen eindringen.
Die zelluläre Immunantwort …
- wird aktiviert, wenn ein T-Lymphozyt durch Kontakt mit einem Antigen stimuliert wurde.
- spielt eine wichtige Rolle bei der Vernichtung von Zellen, in die Viren eingedrungen sind.
- spielt bei der Bekämpfung intrazellulärer bakterieller Infektionen eine wichtige Rolle.
- spielt bei der Modulierung aller Arten von Immunantworten eine entscheidende Rolle.
Man unterscheidet verschiedene Unterformen von T-Lymphozyten (kurz T-Zellen). Zu diesen gehören T-Helferzellen. Diese produzieren unterschiedliche Botenstoffe (Zytokine), die die zelluläre und in die humorale Immunabwehr beeinflussen. Eine weitere Gruppe sind die zytotoxischen T-Zellen. Sie erkennen vor allem durch Viren infizierte Körperzellen und lösen den programmierten Zelltod aus. Eine dritte Gruppe, die regulatorischen T-Zellen kontrollieren die Intensität der Immunantwort. Dies spielt nicht nur bei der Infektbekämpfung, sondern auch im Rahmen von Autoimmunerkrankungen eine wichtige Rolle.
Nachfolgend möchten wir den Ablauf einer T-Zell-Reaktion genauer betrachten:
Trifft eine Antigen-präsentierende Zelle auf ein Antigen, schließt sie dieses ein und nimmt es in die Zelle auf. Dort wird das Antigen in kleinere Fragmente zerlegt, die an andere Moleküle in der Zelle binden und an die Zelloberfläche transportiert werden.
Das auf einem Rezeptor präsentierte Antigen kann nun von einem Rezeptor auf einem T-Lymphozyten erkannt werden, der für dieses bestimmte Antigen spezifisch ist.
Es werden drei Arten von T-Zellen gebildet: T-Helferzellen, zytotoxische T-Zellen und verschiedene T-Gedächtniszellen.
Zusammenfassung: Erworbene Immunabwehr und Immungedächtnis
Im Überblick möchten wir dir nun nochmals die vereinfachte Systematik der nach Antigenkontakt differenzierten T- und B-Zellen aufzeigen.
War der ursprünglich angeregte Lymphozyt eine T-Zelle, differenzieren sich die Klonzellen zu T-Effektorzellen. Dazu gehören:
- T-Helferzellen oder TH-Zellen, die eine wichtige Rolle bei der Abstimmung der verschiedenen Immunreaktionen aufeinander spielen
- zytotoxische T-Zellen, die Antigene enthaltende Zellen direkt oder indirekt abtöten
- T-Gedächtniszellen
War der ursprünglich angeregte Lymphozyt eine B-Zelle, differenzieren sich die Klonzellen zu B-Effektorzellen. Dazu gehören:
- Plasmazellen, die Antikörper bilden
- B-Gedächtniszellen
Die bei der Immunantwort gebildeten Gedächtniszellen sind also entscheidender Bestandteil unser sogenanntes „Immungedächtnis“. Sie bleiben im Körper und zirkulieren jahrelang im Blut und in der Lymphe, um später jederzeit auf das Eindringen von Antigenen reagieren zu können, die ursprünglich ihre Bildung angeregt hatten.
Gedächtniszellen sind mit der Grund dafür, warum wir an vielen Infektionskrankheiten nur einmal erkranken: Denn dringt ein Krankheitserreger zum zweiten Mal in den Körper ein, läuft die Immunreaktion dank der vorhandenen Gedächtniszellen sehr viel schneller und intensiver ab und das Immunsystem zerstört die Krankheitserreger, bevor diese Symptome verursachen können.
Zwar wird diese „sterile Immunität“ nicht immer erreicht, doch auch dann leisten Gedächtniszellen wertvolle Arbeit: In der Regel kommt es zumindest zu einem wesentlich milderen Verlauf bei Re-Infektionen oder auch nach Impfungen und die Symptome sind schwächer ausgeprägt. Dies ist z. B. bei Covid-19, Grippe oder Pertussis der Fall.
Der erste Schutzwall gegen Krankheitserreger ist die angeborene bzw. unspezifische Immunabwehr. Dazu gehören Makrophagen, Granulozyten sowie Natürliche Killerzellen und dendritische Zellen. Auch das Komplementsystem und die Interleukine sind Teil der angeborenen Immunabwehr. Die unspezifische Immunabwehr hindert Krankheitserreger am Eindringen in den Körper.
Den zweiten Schutzwall bietet die erworbene bzw. spezifische Immunabwehr. Zu ihr gehören vor allem die Lymphozyten. Die spezifische Immunabwehr erkennt unterschiedliche Erreger, bildet Antikörper aus und baut ein Immungedächtnis auf, um bei erneutem Kontakt mit bekannten Erregern eine schnelle Abwehr zu ermöglichen.
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4. Epidemie, Pandemie oder Endemie? Inzidenz oder Prävalenz?
Epidemiologische Grundbegriffe kurz erklärt
Wie gefährlich ist ein Krankheitserreger? Wie ansteckend ist er? Und wie kann ich mich und andere schützen? Diese und weitere Fragen haben viele Menschen nicht zuletzt beim Auftreten von COVID-19 in ihrer Apotheke gestellt. Gerade bei neuen Erregern sind sie oft nicht leicht zu beantworten. Hinweise findet man in epidemiologischen Kennzahlen, die sich aus der Sammlung und Auswertung zahlreicher Daten ergeben. Als Quellen dienen dabei unter anderem das Melden von Erkrankungsfällen oder Untersuchungen des Abwassers auf bestimmte Krankheitserreger.
Um Veröffentlichungen derartiger Daten richtig zu verstehen, aber auch um Missverständnisse im Kundengespräch in der Apotheke zu vermeiden bzw. aufzuklären, sind einige grundlegende Begriffsdefinitionen von besonderer Bedeutung. Diese möchten wir dir nachfolgend kurz erklären.
Messen der Krankheitsbelastung
Epidemiologen benutzen eine Reihe von Begriffen, um das Ausmaß einer Infektion zu beschreiben. Wichtige Kennzahlen, die hierbei verwendet werden, sind unter anderem:
Inzidenz = Rate der Neuerkrankungen
Die Inzidenz einer Krankheit ist die Häufigkeit von neuen (!) Krankheitsfällen innerhalb eines festgelegten Zeitraums bezogen auf eine Gruppe. Sie wird häufig angegeben als Anzahl der Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner innerhalb eines Jahres.
Prävalenz = Anteil der bereits Erkrankten
Die Prävalenz ist ebenfalls eine Kennzahl für die Krankheitshäufigkeit. Sie gibt an, wie viele Individuen einer Gemeinschaft zu einem bestimmten Untersuchungszeitpunkt erkrankt sind. Der Zeitpunkt des Krankheitsbeginns spielt hierbei keine Rolle. Die Prävalenz kann nur durch serologische Untersuchungen anhand einer repräsentativen Auswahl aus der Bevölkerung genau bestimmt werden.
Morbidität
Die Morbidität umfasst die Inzidenz und die Prävalenz einer bestimmten Erkrankung: Sie gibt an, wie viele Individuen einer Bevölkerungsgruppe in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Erkrankung erlitten haben. Sie dient einerseits zur Abschätzung der Erkrankungswahrscheinlichkeit, andererseits wird sie aber auch verwendet, um die Häufigkeit von Komplikationen anzugeben.
Hohe Morbiditätsraten können also auf beides hindeuten: Auf eine große Wahrscheinlichkeit, zu erkranken und auf ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf. Je nach Datenlage ist eine Betrachtung für besondere Personengruppen oder bestimmte Bedingungen möglich. Auf diese Weise lassen sich Risikogruppen oder auch Risikosituationen identifizieren und geeignete Präventionsmaßnahmen erarbeiten.
Messen der Sterberaten
Zu den Begriffen, mit denen Sterberaten einer Krankheit beschrieben werden, gehören:
Mortalität
Die Mortalität bei einer Krankheit ist der Anteil der Personen einer Gemeinschaft, die innerhalb eines festgelegten Zeitraums an einer bestimmten Krankheit sterben. Basis der Berechnung ist eine gesamte Population, also sowohl gesunde als auch erkrankte Mitglieder.
Letalität
Die Letalität ist der Prozentsatz der Patienten mit einer Krankheit, die entweder direkt an der Krankheit oder als Folge von Komplikationen sterben. Grundlage der Berechnung sind hier die Erkrankten.
Geographische Verbreitung einer Krankheit
Dass ansteckende Erkrankungen sich ausbreiten können, liegt in ihrer Natur. Dies kann in unterschiedlichem Ausmaß erfolgen – von lokal oder regional begrenzt bis hin zu einer globalen Verbreitung. Zu den Begriffen, mit denen die geographische Verbreitung einer Krankheit beschrieben werden, gehören:
Endemie
Von einer Endemie spricht man, wenn eine Krankheit in einer bestimmten Population oder einer bestimmten Region fortwährend gehäuft vorhanden ist. Dort sind also sowohl Inzidenz als auch Prävalenz im Vergleich zu anderen Populationen oder Regionen erhöht, bleiben aber in sich weitgehend konstant. Das Vorkommen von Vektoren in bestimmten Gebieten kann die Ursache hierfür sein, zum Beispiel Zecken, die Frühsommer-Meningoenzephalitis übertragen.
Epidemie
Wenn sich eine bestimmte Krankheit über einen gewissen Zeitraum so stark verbreitet, dass erheblich mehr Menschen betroffen sind, als normalerweise zu erwarten wäre, spricht man von einer Epidemie. Die Inzidenz einer Erkrankung nimmt dabei in einer bestimmten Region oder innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft deutlich zu. Der Begriff Seuche beschreibt dasselbe Ereignis.
Pandemie
Wenn sich eine Epidemie über Ländergrenzen und Kontinente hinweg ausbreitet, spricht man von einer Pandemie. Ein Beispiel stellt die COVID-19-Pandemie dar, die sich ab Ende Dezember 2019 rasch weltweit ausbreitete und am 11. März 2020 von der WHO zur Pandemie erklärt wurde. Zu diesem Zeitpunkt gab es weltweit über 125.000 gemeldete Fälle. Zehn Tage später waren es bereits über 341.000 gemeldete Fälle und fast 15.000 Todesfälle. Bis zum März 2024 zählte die WHO weltweit über 770 Millionen COVID-19-Erkrankungen und über 7 Millionen Todesfälle.
Das Ende einer Pandemielage bedeutet nicht, dass eine Infektion gänzlich verschwunden ist. Sie kann endemisch werden und es kann auch weiterhin zu Epidemien kommen. Freiwillige Vorsichts- und Präventionsmaßnahmen können daher vor allem für Risikogruppen sinnvoll sein und bleiben.
Epidemiologisches Monitoring in Deutschland
Für Deutschland sammelt das Robert Koch-Institut, ansässig in Berlin, Zahlen über meldepflichtige Erkrankungen und veröffentlicht diese wöchentlich in seinem Epidemiologischen Bulletin. Dort findet man außerdem Informationen zu aktuellen Fragestellungen. Die Informationen sind online auf der Homepage des Instituts (www.rki.de) kostenlos verfügbar. Zu bedenken ist dabei stets, dass die tatsächliche Zahl der Erkrankungsfälle höher liegen kann, denn Patienten mit leichten Beschwerden suchen mitunter keinen Arzt auf, können aber viele weitere Personen anstecken.
Nun kennst du die wichtigsten epidemiologischen Grundbegriffe, welche dir vielleicht durch die zurückliegende Corona-Pandemie bereits geläufig waren. Bevor ein Impfstoff auf den Markt kam, waren wir dazu angehalten, andere Maßnahmen zu ergreifen, um das Virus an der Verbreitung zu hindern bzw. diese zu erschweren. Diese erläutern wir nochmals im folgenden Kapitel, da sie grundsätzlich nicht an Relevanz verloren haben – denn wie wir wissen, lauern Infektionsmöglichkeiten überall und in der Apotheke gehörst du zu den ersten Anlaufstellen für Fragen rund um die Prävention von Infektionen.
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5. Wie können wir Infektionen vorbeugen?
Die eigene Immunabwehr stärken und Infektionsketten unterbrechen, um andere zu schützen
Bei jeder Erkrankung stellt sich die Frage nach der Prävention – so auch bei Infektionen durch Viren oder Bakterien. Da es sich bei Infektionen um übertragene Erkrankungen handelt, gibt es bei der Vorbeugung zwei Ansatzpunkte: Zum einen kann jedes Individuum seinen Organismus für den möglichen Kontakt mit einem Erreger vorbereiten. Zum anderen können Maßnahmen ergriffen werden, um die Verbreitung der Erreger einzuschränken und die Zahl der Infektionen zu senken.
Wie kann jeder einzelne seine eigene Immunabwehr effektiv stärken und auf einen möglichen Erregerkontakt vorbereiten?
„Kann ich meine Immunabwehr nicht irgendwie stärken?“ – Diese Frage hörst du in der Apotheke praktisch täglich. Zwei wichtige Möglichkeiten stehen hierbei zur Verfügung: die persönliche Lebensführung und Impfungen.
Persönliche Lebensführung
Regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, eine abwechslungsreiche und frische Ernährung, ausreichende Trinkmengen – diese Maßnahmen nützen vor allem der angeborenen, unspezifischen Immunabwehr. Sie sorgen dafür, dass die Immunzellen im Körper stärker zirkulieren können. Auch Wechselduschen und Saunagänge tragen dazu bei. Ausreichend Schlaf und Stressabbau, etwa durch Entspannungsübungen, sorgen dafür, dass der Stresshormon-Pegel sinken kann. Auch dies stärkt die Abwehr, denn anhaltend hohe Spiegel an Cortisol und Adrenalin vermindern die Aktivität des Immunsystems.
Viele Apothekenkunden unterschätzen die Wichtigkeit dieser mitunter unbeliebten Maßnahmen. Zu Unrecht, denn wie schwer eine Infektionskrankheit verläuft, hängt nicht zuletzt von der Zahl der eingedrungenen Erreger ab. Je stärker sie gleich zu Beginn reduziert wird, desto weniger Viren/Bakterien erhalten die Möglichkeiten, sich zu vermehren und den Organismus zu schädigen.
Impfungen
Zum Schutz vor zahlreichen Infektionen mit möglichen schweren Folgen stehen heute Impfungen zur Verfügung. Sie bereiten uns auf Infektionen vor, indem sie sich die Fähigkeit des Körpers zu Nutze machen, Gedächtniszellen zu bilden: Ohne zu erkranken bildet der Geimpfte spezifische Antikörper gegen die entsprechende Erkrankung.
Impfstoffe bestehen zumeist aus abgetöteten Erregern oder Teilen davon, die dem Organismus eine (Wieder-) Erkennung des Erregers ermöglichen. Sie schulen auf diese Weise die erworbene, spezifische Immunabwehr. Bei späterem Kontakt mit dem Krankheitserreger kann der so immunisierte Organismus die Infektion rasch eindämmen.
Mit welchen Maßnahmen können Infektionsketten wirkungsvoll unterbrochen werden?
Hygienemaßnahmen und die Möglichkeit eines Impfschutzes sind einfach und wichtig, um die Verbreitung von Erregern einzudämmen und so sich selbst und andere zu schützen.
Hygiene
Sie stellt für viele bakterielle und virale Infektionen eine wichtige Prophylaxe-Maßnahme dar. Mithilfe von Hygienemaßnahmen kann die Infektionskette durchbrochen und das Risiko für behandlungsbedürftige Erkrankungen vermindert werden. Das gilt vor allem für Tröpfchen- und Schmierinfektionen.
Hier können das Tragen einer Atemschutzmaske oder der Einsatz geeigneter Reinigungs- und Desinfektionsmittel die Zahl der Krankheitserreger reduzieren, die bei einem Kontakt übertragen werden.
Mögliche Infektionsquellen und Übertragungswege eines Krankheitserregers zu kennen, kann diese – teils sehr unterschiedlichen – Maßnahmen effizienter machen. So sollten beispielsweise Personen, die akut an Atemwegserkrankungen leiden oder aber zu einer Risikogruppe für derartige Erkrankungen gehören, in Menschenmengen Atemschutzmasken tragen. Bei sexuell übertragbaren Infektionen hingegen können Kondome oder ein vorübergehender Verzicht auf Geschlechtsverkehr weitere Übertragungen wirkungsvoll eindämmen.
Wichtig in der Beratung ist, insbesondere Personengruppen mit erhöhtem Infektionsrisiko für diese Problematik zu sensibilisieren: Nur mit konsequent umgesetzten und für den Übertragungsweg geeigneten Hygienemaßnahmen kann die Infektionsverbreitung effektiv eingeschränkt bzw. der eigene Schutz verbessert werden.
Impfungen
Durch eine Impfung verringert sich einerseits das Erkrankungsrisiko des Geimpften, andererseits aber auch die Wahrscheinlichkeit, den Erreger weiterzutragen. Auf diese Weise können Infektionsketten unterbrochen werden.
Hiervon profitieren auch all jene, die u. U. nicht geimpft werden können, etwa zu junge Säuglinge oder Patienten mit bestimmten Erkrankungen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann so in größeren Populationen ein weitreichender Herdenschutz aufgebaut werden.
Welche Menschengruppen sind besonders anfällig für Infektionen bzw. Komplikationen und benötigen einen besonderen Schutz?
Die Beratung in der Apotheke zu bakteriellen und viralen Infektionen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Wer sollte besonders darauf hingewiesen werden, wie man das Risiko für eine Infektion reduzieren kann?
In erster Linie denkt man hier an Patientengruppen, die Arzneimittel erhalten, die die Immunabwehr schwächen, etwa über einen längeren Zeitraum hoch dosierte Cortison-Präparate oder Wirkstoffe zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen, zum Beispiel Alemtuzumab zur Behandlung der Multiplen Sklerose.
Auch viele Krebspatienten gehören dazu, nicht nur mit Erkrankungen des Knochenmarks und nicht nur während einer Chemo- oder Strahlentherapie. So können auch zielgerichtete Therapien, zum Beispiel mit Palbociclib, das bestimmte Brustkrebspatientinnen über Jahre einnehmen, das Knochenmark und damit die Immunabwehr beeinträchtigen.
Vor allem Lebendimpfstoffe dürfen während vieler dieser Therapien nicht verabreicht werden. Die Fachinformationen enthalten dann häufig den Hinweis, vor Therapiebeginn auf einen vollständigen Impfschutz zu achten.
Das gilt aber nicht nur für Patientinnen und Patienten mit schweren Erkrankungen, sondern auch für Frauen mit Kinderwunsch und während der Schwangerschaft, denn manche Infektionen können für das Ungeborene gefährlich werden. Infiziert sich die werdende Mutter etwa mit Röteln oder Masern, kann dies beim Fetus zu schweren Missbildungen führen.
Eine dritte wichtige Gruppe stellen Angehörige dar, die sich um einen erkrankten, möglicherweise immungeschwächten Patienten kümmern. Auch wenn sie selbst bei einer Infektion nur ein geringes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf haben, können sie ungewollt als Überträger fungieren. Ähnliches gilt für Eltern und Großeltern von Neugeborenen, welche erst einen geringen Immunschutz besitzen. So entwickeln z. B. Erwachsene nach einer Infektion mit Pertussis-Erregern oft nur milde Keuchhusten-Symptomen, während die Infektion bei Neugeborenen nicht selten lebensgefährlich verlaufen kann.
Die eigene Immunabwehr stärken und Infektionsketten unterbrechen sind wichtige Eckpfeiler bei der Vorbeugung von Infektionen. Eine große Bedeutung haben hierbei Impfungen.
Welche unterschiedlichen Wege der Immunisierung und welche Impfstoffarten existieren? Gibt es darüber hinaus Impfungen für bestimmte Patientengruppen? Warum ist es wichtig, die empfohlenen Impfschemata einzuhalten?
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